Journalist*innenbarometer: Medienmacher zwischen Anspruch und Sparkurs

Zum bereits 21. Mal befragte Marketagent Journalistinnen und Journalisten im DACH-Raum zum Redaktionsalltag und wie sie den Wandel in der Medienwelt erleben – dieses Jahr erstmals in Kooperation mit der Schweizer Beratungs- und Kommunikationsagentur Farner | Team Farner. Die Ergebnisse zeigen die Medienmacher gefangen zwischen hohen Standards und Einsparungsmaßnahmen. Zwischen Spardruck, Personalmangel und Publikumserwartungen kämpfen Redaktionen täglich um Glaubwürdigkeit und Qualität.

Drei von vier Medienschaffenden gegen Sensationsjournalismus

Auf die gesellschaftsrelevante konkrete Frage, was die österreichischen Medien gegen die zunehmende Polarisierung tun könnten, nennen beispielsweise über 90 Prozent der Medienschaffenden hierzulande eine sachliche und faktenbasierte Berichterstattung sowie über 80 Prozent die Aufdeckung von Fake News. Drei von vier sprechen sich für eine Vermeidung von Sensationsjournalismus aus. Ihre Alltagsrealität beschreiben die Befragten aber im gesamten DACH-Raum anders: 77 Prozent aller befragten Journalist*innen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz beklagen, dass die Einsparungsmaßnahmen ihnen nicht erlaubten, journalistische Standards einzuhalten. Und mehr als jede*r dritte österreichische Journalist*in gibt zu, dass sich die Bedeutung der Seriosität in der Arbeitsweise eher verringert hat.

Medien als gesellschaftliche Trendsetter

Ihre Wirkungsmacht sieht die Mehrheit der Befragten im gesamten DACH-Raum als groß. Rund 95 Prozent (DACH: 96 Prozent, AT: 93 Prozent) bezeichnen den Journalismus als Kraft, welche bewusst oder unbewusst gesellschaftliche Trends beeinflussen kann. Eine überwiegende Mehrheit (DACH: 90 Prozent, AT: 92 Prozent) ist zudem der Meinung, dass sie einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten kann. Stellt man die kritische Frage, ob Journalist*innen bewusst Trends beeinflussen sollen, bemühen sich die österreichischen Befragten um Zurückhaltung: Knapp 60 Prozent sagen «eher nicht» oder «nein, auf keinen Fall». Etwas mehr als die Hälfte der Medienmacher*innen hierzulande (58 Prozent) findet, Fakten müssen im Vordergrund stehen, persönliche Standpunkte dürfen aber situativ mitschwingen. 

«Journalistinnen und Journalisten reflektieren ihre gesellschaftliche Rolle mit großem Bedacht», kommentiert Toby Felder, Partner bei der Schweizer Beratungs- und Kommunikationsagentur Farner | Team Farner, die vom Barometer 2025 erhobenen Antworten. «Die Ergebnisse bestätigen aber auch, dass es Journalist*innen durch den wirtschaftlichen Druck zunehmend schwerfällt, diese Rolle zu erfüllen.» 

Print und Radio haben kaum noch Einfluss auf die öffentliche Meinung

Über 80 Prozent der österreichischen Journalist*innen geben an, dass die Print-Medien an Relevanz verloren haben. Etwas mehr als 40 Prozent sehen einen Bedeutungsverlust beim Fernsehen und rund 30 Prozent beim Radio – in Deutschland und der Schweiz fällt dieser Rückgang bei TV (DE: 62 Prozent, CH: 71 Prozent) und Radio (DE: 43 Prozent, CH: 58 Prozent) noch markanter aus. Hingegen gewinnen nach Meinung der Journalist*innen hierzulande Social Media (85 Prozent), Online und digitale Plattformen (mehr als 75 Prozent) sowie Podcasts (fast 85 Prozent) an Gewicht. Der Bedeutungsverlust klassischer Medien schlägt sich auch auf die Prägung der öffentlichen Meinung nieder. 84 Prozent sehen in Österreich die sozialen Medien heute an der Spitze der meinungsmachenden Medien und jeweils 61 Prozent die digitalen Plattformen bzw. das Fernsehen. Printmedien haben dagegen nur noch aus Sicht von rund 37 Prozent prägenden Einfluss auf die öffentliche Meinung. Deutlich abgeschlagen ist das Radio, nur ein knappes Viertel (23%) traut ihm heute noch Deutungshoheit zu. 

Marketagent-Founder Thomas Schwabl fasst zusammen: «Was wir sehen, ist ein klarer Paradigmenwechsel: Was früher Leitmedium war, verliert an Strahlkraft. Social Media hat sich zum mächtigsten Meinungsmacher entwickelt, digitale Newsformate stehen mittlerweile gleichauf mit dem Fernsehen. Das verändert nicht nur die Reichweite, sondern auch die Regeln des Journalismus.» 

Für viele immer noch ein Traumberuf

Trotz aller Herausforderungen: Zwei von drei Befragten in Österreich sind optimistisch, dass die Arbeitsplätze sehr oder eher sicher sind. Und wer noch im Beruf tätig ist, arbeitet aus Leidenschaft, stellt das Journalist*innen-Barometer fest. Knapp 60 Prozent bezeichnen ihren Job als Traumberuf. 

Methodik

Im Rahmen des „Journalist*innen-Barometer“ erhebt das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent seit 2004 jährlich ein Stimmungsbild des Journalismus. In diesjähriger Zusammenarbeit mit der Schweizer Beratungs- und Kommunikationsagentur Farner | Team Farner hat Marketagent vom 3. bis 16. März 2025 über 500 Medienschaffende im DACH-Raum, darunter 137 Journalist*innen aus Österreich, mittels CAWI (Computer Assisted Web Interviews) befragt. Weitere demografische Informationen entnehmen Sie bitte dem vollständigen Bericht im Anhang.

Diese Website verwendet kleine Textdateien ("Cookies"), um lhnen den bestmöglichen Service zu bieten. Die Verwendungszwecke dieser Cookies finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.